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Ungesagtes
Ausgabe 29
Magazin
Das diesjährige Junge Akademie Magazin setzt sich unter dem Titel „Ungesagtes“ mit Aspekten wissenschaftlicher Arbeit auseinander, die – weil sie in der Regel als nicht vereinbar mit einem Ideal objektiver Wissenschaft gesehen werden – im Forschungsalltag gar nicht, selten oder auf nur verhaltene Weise zum Ausdruck kommen. Oft genug bleibt der Einfluss solcher „ungesagten“ Aspekte auf die Arbeit von Wissenschaftler*innen, auf den Erkenntnisprozess und letztlich auf die wissenschaftlichen Ergebnisse ungesehen oder mindestens unterschätzt. Die Rede ist von all dem, was wir üblicherweise als „subjektiv“ begreifen und was das forschende Subjekt als solches in die wissenschaftliche Arbeit mit hineinträgt: eigene Ansichten und Werte, die unausgesprochen auf die Art des Umgangs mit bestimmten Themen und Gegenständen wirken, Glaubensvorstellungen, die einem von der Forscherin oder dem Forscher als getrennt geglaubten „Privatsubjekt“ unterstellt werden, Emotionen, die als jeder noch so leidenschaftlichen Wissenschaftspraxis fern begriffen werden, oder auch Aspekte wie Kreativität, die eher mit künstlerischer als wissenschaftlicher Praxis assoziiert werden.
Aber natürlich sind abseits der subjektiven Dimension von Wissenschaft subtile Prozesse in ihrem Einfluss auf menschliches Verhalten auch als Forschungsthema interessant. Und eben zwischen diesen beiden Polen spannen sich die Artikel des vorliegenden Magazins auf. Dass die sechs Beiträge am Ende teils ganz andere Aspekte des Ungesagten beleuchten, liegt in der Natur der Sache: Die Auswahl derjenigen Themen, die unter diesem Schlagwort als relevant für die eigene Arbeit oder für die eigene Fachdisziplin erachtet werden, ist eben selbst wieder subjektiv.
Viola Priesemann blickt in ihrem Text auf die Kultur öffentlicher Wissenschaftsdebatten im Kontext der COVID-19-Pandemie und sieht im offenen, interdisziplinären Diskurs, der auch schwierige Fragen nicht ausspart, einen Weg, medial inszenierte Schaukämpfe zu umgehen. Julia Gurol wirft einen kritischen Blick auf die Asymmetrien, die in der Wissensproduktion zwischen dem Globalem Norden und Süden bestehen und stellt fest, dass diese noch zu selten in den derzeitigen Debatten über einen nachhaltigeren Wissensbetrieb reflektiert werden. Sebastian Hellmeier wiederum nimmt sich mit dem Peer-Review-Verfahren ein anderes vieldiskutiertes Thema vor und stellt fest, dass trotz des immer problematischen Faktors Mensch und der sonstigen Schwächen der Methode eine Alternative dazu nicht in Sicht ist. Garvin Brod geht in seinem Text dem Konzept der Überraschung nach und beobachtet, dass trotz der Beliebtheit des Konzepts in psychologischen Theorien dessen subjektives Korrelat gar nicht so einfach messbar ist. Simon Wolfgang Fuchs fragt nach den Legitimationszwängen, unter denen die wissenschaftliche Arbeit hinsichtlich der ihr zu Grunde liegenden Interessen und Motivationen steht: Geht Wissenschaft auch ohne „intellectual scaffolding“? Und Mira Sievers schließlich gibt im Gespräch Einblicke in die wissenschaftliche Arbeit einer Theologin – im Umgang mit Glaubensfragen und dem „Unsagbaren“.
Auf der Posterseite des Magazins findet sich diesmal ein berühmtes philosophisches Diktum. Das Poster spielt auf grafische Weise mit der Idee des Zeitlichen in Bezug auf Ungesagtes: Nicht alles wird zu jeder Zeit nicht gesagt. Und es greift den Gedanken des Raumes auf, der sich im Ungesagten öffnet – Raum, der auf ganz unterschiedliche Weise gefüllt werden kann. Wir wünschen Ihnen viel Vergnügen bei der Lektüre!
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