Statement: „Wahre Reisekosten erstatten!“

Stellungnahme

AG 'Nachhaltigkeit'
Berlin 19.11.19

Als Wissenschaftler*innen und Mitglieder der Jungen Akademie reisen wir relativ viel, oft auch international. Damit bewegen wir uns in einem Spannungsfeld zwischen globalem persönlichem Austausch und Forschung in der Wissenschaft und der ökologischen Nachhaltigkeit des Reisens. Die Kosten für die Umwelt – und damit für unsere eigene Zukunft – sind bisher nicht im Ticketpreis enthalten. Gerade als Wissenschaftler*innen wissen wir aber sehr genau um diese Zusatzkosten. Nach Schätzungen des IPCC kann die Atmosphäre nur noch 1000 Gigatonnen CO2 insgesamt aufnehmen, bevor irreversible Folgen eintreten. Auf jeden einzelnen Menschen umgelegt macht das etwa 100 Tonnen – etwa 2,5 davon werden durch einen einzigen Hin- und Rückflug von Frankfurt nach New York verbraucht. Als Junge Akademie wünschen wir uns einen deutlichen und schnellen Kulturwandel beim Reisen von Wissenschaftler*innen nach dem Grundsatz

vermeiden verringern kompensieren.

Für alle Reisen, die wir im Rahmen unserer Aufgaben als Wissenschaftler*innen nicht vermeiden können, sollte die Möglichkeit bestehen, die damit verbundenen CO2-Emissionen auszugleichen und die dabei entstandenen Kosten erstattet bekommen zu können. Obwohl beispielsweise die Bundesregierung seit 2014 ihre durch Reisen verursachten CO2-Emissionen kompensiert, gibt es keine für alle Beschäftigten des öffentlichen Dienstes auf Bundes- wie Landesebene gleichermaßen geltenden Regelungen, nach denen eine solche Kompensation für Dienstreisen aus den entsprechenden Haushalten ohne weiteres möglich wäre.

Daher fordern wir verbindliche Regelungen zur Auslegung des allgemeinen Haushalts- und Zuwendungsrechts, die es ermöglichen, CO2-Emissionen bei jeder Dienstreise auszugleichen und die dabei entstandenen Kosten erstattet zu bekommen.

Dieser Ausgleich muss selbstverständlich einhergehen mit einer hohen Transparenz und einem durchweg hohen Qualitätsstandard bei der Auswahl der Projekte zum CO2-Ausgleich. Einige Mitglieder der Jungen Akademie haben bereits begonnen, Kosten für CO2-Kompensation privat zu übernehmen, auch wenn es sich bei der angetretenen Reise um eine Dienstreise handelt.

Wir sehen diese Forderung als ersten kleinen Schritt, den dringend notwendigen Kulturwandel beim Reisen einzuleiten, und eine verstärkte Reflexion über eine nachhaltige Ausgestaltung des Wissenschaftsbetriebs anzustoßen. Hier möchten wir eine kritische Debatte anstoßen und mitgestalten, die das Spannungsfeld aus einer notwendigerweise global vernetzten Wissenschaft und der ebenso notwendigen ökologischen Nachhaltigkeit auslotet und Lösungsmöglichkeiten findet.

Um unsere Forderung zu bekräftigen, gehen wir als Junge Akademie eine freiwillige Selbstverpflichtung ein, für Reisen im Rahmen der Tätigkeit in der Jungen Akademie möglichst auf Kurzstreckenflüge unter 1000 km zu verzichten, die in unter 8 Stunden mit anderen Verkehrsmitteln zu absolvieren sind.

Wenn in Zukunft der wahre Preis des Reisens mitsamt den eingepreisten CO2-Emissionen gezahlt werden muss, werden lange Reisen deutlich teurer und seltener. Dieser Effekt ist erwünscht und soll Wissenschaftler*innen und ihre Geldgeber*innen markttechnisch ermutigen, die tatsächliche Notwendigkeit einer jeden Reise für ihre wissenschaftliche Arbeit zu überdenken.

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