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Von der Geschäftsstelle nach Dresden – eine Begehung vor Ort

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Ein Raum mit hellen Wänden, an der Wand ein Stuhl, ein Mann von hinten ist zu sehen. Rechts im Bild ist ein runder schwarzer Gegenstand, der auf einer Scheibe befestigt ist, zu sehen.
Foto: Miriam Akkermann
26.11.19

Vom 30. Oktober bis zum 3. November 2019 konnte in den Räumen der Blauen Fabrik in Dresden die Audio-Installation „Ubiquity – Neue Perspektiven auf erlebte Traumata“ besucht werden. Am 3. November lieferte außerdem ein gleichnamiges Symposium Einblicke in die aktuelle Traumaforschung. Fouzia, Studentische Hilfskraft in der Geschäftsstelle der Jungen Akademie, reiste nach Dresden und machte sich vor Ort ein Bild des Projekts.

Der erste Eindruck im Raum der Installation überrascht zunächst einmal: Schwarze Lautsprecher sind im ansonsten leeren Raum verteilt. Die hörbaren Stimmen klingen fröhlich und lebhaft. Das verwundert, lautet doch das Thema der Installation „Neue Perspektiven auf erlebte Traumata“. Traumatisierte Personen stellt man sich normalerweise anders vor. Bei einem längeren Aufenthalt im Raum fällt jedoch schnell auf, dass die erfahrenen Traumatisierungen in den alltäglichen Gesprächen ebenfalls Raum einnehmen. Die Audio-Ausschnitte, die in der Installation zu hören sind, stammen aus einer Studie der Psychologin Eva Alisic (University of Melbourne, Mitglied der Global Young Academy) zum Thema Traumaverarbeitung bei Kindern. Die Verarbeitung erfolgte durch die Klangkünstlerin Miriam Akkermann (Technische Universität Dresden, Mitglied der Jungen Akademie). Der Programmierer und Komponist Andre Bartetzki brachte eine weitere Perspektive in das Projekt ein. Miriam Akkermann ging es nicht darum, „die Geschichten der Studienteilnehmerinnen und Studienteilnehmer nachzuerzählen, sondern darum, in kurze Audio-Ausschnitte eines anderen Lebens einzutauchen und sich zu fragen, was für einen selbst alltäglich und aktiv oder unterschwellig allgegenwärtig ist, gerade in Bezug auf das Thema Trauma“. Herausgekommen ist eine interdisziplinäre Installation, die einen unkonventionellen Blick auf das Thema Trauma ermöglicht.

Ganz im Sinne der interdisziplinären Arbeitsweise der Jungen Akademie ist die Installation in Kooperation mit dem Symposium „Ubiquity – Neue Perspektiven auf erlebte Traumata" entstanden. Organisiert wurde das Symposium pünktlich zur Finissage der Audio-Installation am 3. November 2019 von dem Psychologen Philipp Kanske (Technische Universität Dresden, Mitglied und Sprecher der Jungen Akademie) ebenfalls in den Räumen der Blauen Fabrik. „Durch die Kombination eines Symposiums mit einer künstlerischen Bearbeitung desselben Themas entsteht die Möglichkeit, sich auf ganz unterschiedlichen Wegen diesem Thema anzunähern. Die künstlerische Installation bringt eine ganz individuelle Erfahrungsebene ein, das Symposium bietet reichhaltiges Wissen. Damit entsteht ein neuer Gesamteindruck, der auch tiefer und länger nachwirkt“, erläutert Philipp Kanske den Mehrwert der Zusammenarbeit.

Vom 11. bis 13. Dezember wird die Installation auch in Melbourne zu sehen sein.

Um mehr über die Hintergründe des interdisziplinären Projekts zu erfahren, hat Fouzia Ashraf (Studentische Hilfskraft in der Geschäftsstelle der Jungen Akademie) mit Miriam Akkermann (Klangkünstlerin und Musikwissenschaftlerin an der Technischen Universität Dresden) und Philipp Kanske (Psychologe und Neurowissenschaftler an der Technischen Universität Dresden) gesprochen.

Miriam, wie ist die Idee entstanden, eine Installation zum Thema Trauma auszuarbeiten? Die Idee entstand bei einem Gespräch mit Eva Alisic, die mir von ihrer Studie erzählte und auch von der Idee, ob damit nicht auch ein künstlerisches Projekt machbar wäre. Und da es sich dabei um Audiodaten handelte, war mein Interesse natürlich geweckt.

Philipp, Du hast das wissenschaftliche Symposium organisiert. Wie ist die Idee entstanden ein wissenschaftliches Symposium in Zusammenarbeit mit einer künstlerischen Installation zu organisieren? Das „Rohmaterial“ der Installation stammt von einer wissenschaftlichen Studie zur Verarbeitung von Traumata in Familien. Es steckt also in der Kunst selbst schon Wissenschaft. Unsere Idee war, dass das bei den Besucherinnen und Besuchern Neugier auf die Hintergründe der Studie und dem Forschungsstand zu Traumatisierung im Allgemeinen wecken kann. Die lebhafte Diskussion beim Symposium hat gezeigt, dass das gut funktioniert hat.

Es haben ja ganz unterschiedliche Personen zusammengearbeitet. Miriam, wie hat sich die Zusammenarbeit mit den anderen Beteiligten – eine Psychologin, ein Psychologe bzw. Neurowissenschaftler und ein Komponist bzw. Programmierer – gestaltet? Inhaltlich habe ich zuerst mit Eva und Philipp Ideen ausgetauscht, auch darüber, was man mit Daten aus einer Studie machen kann und wie grundsätzlich Klanginstallationen funktionieren können. Daraufhin habe ich diese Ideen für die Installation weiterentwickelt und zu einem Grundkonzept konkretisiert und Andre kontaktiert und wir haben zusammen nochmal über Möglichkeiten und auch seine Ideen dazu gesprochen. Gerade hinsichtlich der praktischen Umsetzung hat sich hierbei noch viel geändert, da einige Ideen einfach nicht realisierbar waren – oder es bessere Ideen gab. Die finale Installation vereint damit schon sehr unterschiedliche Perspektiven und Ideen in sich.

Was ist Deine Intention bzgl. dieser Installation, Miriam? Ich fand die Idee spannend, Forschungsdaten direkt künstlerisch zu nutzen ohne sie nochmal zu verändern. Die Audio-Snippets laufen ohne weitere Veränderung und in ihrer vollen Länge ab. Der künstlerische Aspekt ist die Präsentation der Snippets. Erstaunt hat mich die Tatsache, wie vielschichtig das Thema Trauma in den Alltag einfließt und wie normal der Alltagsausschnitt gleichzeitig scheint, den diese Audio-Snippets jeweils nachzeichnen. Das hat mich zu der Frage gebracht, was Alltag eigentlich bedeutet. Was erwarten wir von „Alltag" bzw. wie verändert sich unser Alltag nach einem Trauma. Was ist danach „Alltag“ und was ist anders? Oder wird dieser neue Zustand zu „Alltag“. Ubiquity kann „allgegenwärtig“ aber auch „alltäglich“ bedeuten, und genau damit spielt diese Installation. Es geht nicht darum, die Geschichten der StudienteilnehmerInnen nachzuerzählen, sondern darum, in kurze Audio-Ausschnitte eines anderen Lebens einzutauchen und sich zu fragen, was für einen selbst alltäglich und aktiv oder unterschwellig allgegenwärtig ist, gerade in Bezug auf das Thema „Trauma“.

Welchen Mehrwert hatte diese Zusammenarbeit für Dich, Philipp? Durch die Kombination eines Symposiums mit einer künstlerischen Bearbeitung desselben Themas entsteht die Möglichkeit, sich auf ganz unterschiedlichen Wegen diesem Thema anzunähern. Die künstlerische Installation bringt eine ganz individuelle Erfahrungsebene ein, das Symposium bietet reichhaltiges Wissen. Damit entsteht ein neuer Gesamteindruck, der auch tiefer und länger nachwirkt.

Vielen Dank!

beteiligte Alumni / Alumnae

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