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Junge Akademie Magazin #7
Issue #07
Magazine
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Wissenschaft lebt von der Spannung zwischen Kreativität und Ordnung. Die Jagd nach Erfindungen und Entdeckungen gehört ebenso zu ihr wie das Sammeln und Systematisieren (zumindest vorläufig) gesicherten Wissens. Nicht umsonst hat das „Experiment“, ein Hauptmerkmal neuzeitlicher Wissenschaft, bis heute den doppelten Wortsinn von Wagnis und Test behalten.
Von modernen Jägern und Sammlern handelt auch dieses Junge Akademie Magazin. Es berichtet von einem Symposion im Berliner Museum für Naturkunde, das gegenüber dem Entdeckerehrgeiz molekularbiologischer Grundlagenforscher eine Lanze für die Taxophilie botanischer Beinchen- und Borstenzähler brach. Der Beitrag über einen Workshop zum Fremdverstehen akzentuiert weniger die Ordnung der Dinge als vielmehr die Perspektivität des Beobachtens und veranschaulicht damit die Fruchtbarkeit interdisziplinärer Verständigung.
Wie Kreativität und Ordnung innerwissenschaftlich aufeinander bezogen werden, hängt stets auch von gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ab. In Zeiten elektronischer Informationstechnologien ändern sich die Formen der Wissensproduktion, -diffusion und -rezeption gewaltig. Matthias Leistner beleuchtet die neuen Anforderungen, die sich daraus für das Urheberrecht ergeben. Der Beschleunigung von Kommunikation entspricht die neue Logik der „Projekte“, die mittlerweile in Wirtschaft, Politik, individueller Lebensführung und eben auch in wissenschaftlicher Forschung und Lehre Einzug gehalten hat. Kein Jahr ohne Ranking, kein Semester ohne Evaluation. Die Junge Akademie befasst sich kritisch mit diesen Entwicklungen. Hier bezieht sie Stellung zur Pilotstudie Forschungsrating des Wissenschaftsrats, die in diesen Tagen veröffentlich wird. Und Verena Lepper und Christiane Gaehtgens geben Auskunft über die besonderen Folgen universitärer Umstrukturierungen für Kleine Fächer. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass wissenschaftspolitische Experimentierfreudigkeit wissenschaftlicher Kreativität nicht immer zuträglich ist.
In ihren eigenen Aktivitäten versucht die Junge Akademie das spannungsreiche Verhältnis von Kreativität und Ordnung stets neu zu gestalten. Eines ihrer Experimente ist die jährliche Preisfrage, die, anders als Preisfragen in der Blütezeit des Akademielebens, nicht unmittelbar auf wissenschaftliche Erkenntnis zielt, sondern, wie Jürgen Kaube in seinem Bericht über eine ungewöhnliche Wahl-Performance treffend sagt, in den vorakademischen Raum hinein. Die Junge Akademie experimentiert aber nicht nur, sie ist ein Experiment. Durch die jährliche Zuwahl von Mitgliedern erfindet sie sich stets neu. Schon die kurzen Porträts der zehn „Neuen“ in diesem Magazin deuten das hohe Anregungspotential wechselnder Gesprächskonstellationen zwischen großen und kleinen Disziplinen an. Gerade wegen ihres Strukturprinzips beständiger Selbsterneuerung darf gehofft werden, dass die Junge Akademie nicht „Projekt“ bleibt, sondern in der neuen Akademienlandschaft auch Institution wird.
Matthias Koenig
Sprecher der Jungen Akademie
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