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Junge Akademie Magazin #4
Ausgabe #04
Magazin
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
zum zweiten Mal ist die sommerliche Festveranstaltung der Jungen Akademie nicht nur ein Aufnahmeritus, sondern auch eine Abschiedsfeier. Wieder lässt ein Jahrgang von Mitgliedern die Institution, nein, die Lebensphase namens „Junge Akademie“ hinter sich und führt den übrigen Bewohnern dieser temporären intellektuellen Behausung vor Augen, dass Diskontinuität zum Plan des Projekts gehört, an dem jeder von ihnen für fünf Jahre beteiligt ist.
Es handelt sich um das eigentümliche Projekt einer Akademie, die das Adjektiv „jung“ wie das bunte Windrädchen in ihrem Logo vor sich herträgt; einer Akademie, die zwar reifen oder gar wachsen, aber (anders als ihre Mitglieder) nicht altern kann; einer Akademie, deren Mitglieder wie die „Trockenwohner“ in den Berliner Mietshäusern der Gründerzeit ihre Bleibe wieder verlassen müssen, bevor sie sich allzu häuslich darin eingerichtet haben. Diese Akademie hat kein Haus, ist keines und will auch keines sein – schließlich sind Häuser der Verwitterung ausgesetzt. Sie verdankt ihre Kontinuität und erkennbare Gestalt vielmehr einer alle fünf Jahre komplett vollzogenen Umschichtung ihrer Mitglieder. Was soll das sein? Eine akademische Wanderdüne, die durch den Raum der Wissenschaft und nebenbei auch noch über die deutsche Landkarte getrieben wird? Ein fünfzigköpfiger intellektueller Heuschreckenschwarm, der e-mail-gestützt von Projekt zu Projekt schwirrt? Oder ein wandernder Wellenkamm, der manches in Bewegung setzt und das eine oder andere brauchbare Stück ans Ufer schwemmt?
Jedenfalls ist diese Akademie mit ihren gestaffelten Mitgliedschaften unter anderem auch ein rhythmisches, genauer gesagt ein arbeitsrhythmisches Experiment; ein Experiment in der Gestaltung wissenschaftlicher Arbeitszeit. Es kommt also nicht von ungefähr, dass die Frage nach der Gestaltbarkeit von Zeit eine Leitfrage des vorliegenden Heftes bildet, angefangen mit der diesjährigen Preisfrage: Über 700 Teilnehmer haben für uns nach dem Verbleib der Zeit gefahndet und dabei versucht, Bleibendes zu zeitigen. Die preisgekrönten Einsendungen stellen wir vor. Unter ihnen findet sich ein Kartenspiel der Lebensalter, halb Quartett, halb Schwarzer Peter, das dazu einlädt, Bilder der Lebenszeit zockend in Umlauf zu bringen. Um die Gestaltbarkeit von Zeit geht es auch im Expertengespräch dieses Heftes, das dem wohl wichtigsten Aggregatzustand von Zeit in modernen Gesellschaften gewidmet ist: der Arbeit und ihrer Zukunft. Musikalische Zeit schließlich stand im Mittelpunkt der Tagung „Rhythmen im Gehirn“, die von der Arbeitsgruppe „Rhythmus“ der Jungen Akademie in Bangor (Wales) veranstaltet wurde.
Wir berichten in diesem Heft ferner über eine Veranstaltungsreihe der Arbeitsgruppe „Abwehr“ sowie vom „British-German Frontiers of Science Symposium“. Neu im Junge Akademie Magazin ist die Rubrik Porträt, mit der wir von nun an die Gelegenheit nutzen wollen, einzelne Mitglieder sowohl persönlich als auch wissenschaftlich etwas eingehender vorzustellen, als dies im Rahmen der handelsüblichen Fünf-Zeilen-Biographien möglich ist.
Martin von Koppenfels
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