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Die Juniorprofessur – Eine Bilanz ihrer Umsetzung, Abschlussbericht (Juli 2003)

Statement

Jörg Rössel, Katharina Landfester, Ulrich Schollwöck
Berlin 09.07.03

›Die Juniorprofessur – eine Bilanz ihrer Umsetzung‹ beleuchtet eineinhalb Jahre Juniorprofessur. Wir hoffen, mit unserer Studie differenzierte, belastbare Daten für die Diskussion der Weiterentwicklung dieses von uns dem Prinzip nach begrüßten Konzepts zu liefern. Licht und Schatten mischen sich; uns scheint jedoch eine deutliche Aufhellung vonnöten.

Viele der uns beunruhigenden Beobachtungen in dieser Erhebung lassen sich mit bisherigen Mustern des wenig ernsthaften, oft fahrlässigen Umgangs mit Nachwuchswissenschaftlern im deutschen Wissenschaftssystem deuten: extensiver Gebrauch von Hausberufungen als Reflex eines paternalistischen Systems, unklare Leistungs- und Bewertungskriterien und wenig Reflexion über die Anschlussperspektiven der Juniorprofessur als Abwendung von oder Desinteresse an der Einsicht, dass diese Perspektiven vielfach schlechthin nicht bestehen, Überalterung der berufenen Kandidaten als Ausdruck verstopfter Karrierepfade, Einrichtung von Juniorprofessuren zur Abschöpfung von Fördermitteln und oftmals wenig befriedigende Ausstattung der Stellen vor dem Hintergrund chronischer Unterfinanzierung deutscher Universitäten.

Dies alles geschieht angesichts eines wissenschaftlichen Arbeitsmarktes, der von seiner Struktur her einer Proliferation von befristeten Nachwuchsstellen und Nachwuchswissenschaftlern eine beschränkte, im Vergleich viel zu geringe Anzahl von auf Dauer angelegten Positionen gegenüberstellt; der Eintritt in eine wissenschaftliche Laufbahn gilt mittlerweile als eine der riskantesten Berufsentscheidungen eines promovierten Akademikers. Insofern findet zuallererst Mangelverwaltung statt, die jede Reform zur wenig beneidenswerten Sisyphosaufgabe werden lässt. Die Ausgestaltung der Juniorprofessur in ihrer gegenwärtigen Form scheint uns bisherige Karrierelogiken noch nicht hinreichend in Betracht gezogen beziehungsweise beseitigt zu haben; die Juniorprofessur darf nicht zu einer umetikettierten Assistentenstelle werden.

Frühe Momentaufnahme oder Bestandsaufnahme bereits verfestigter Trends? Sicher kann diese Frage im Augenblick noch nicht abschließend beantwortet werden. Damit es bei den offensichtlich beobachtbaren Defiziten der gegenwärtigen Umsetzung nicht bleibt, erscheint der Arbeitsgruppe Wissenschaftspolitik der Jungen Akademie an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina bei der Weiterentwicklung von Bundes- und Landesrecht und bei der Anwendung durch die Universitäten dringend wünschenswert, klare Hausberufungsverbote und möglichst breite, kompetitive, auf deutlich jüngere Bewerber ausgelegte Ausschreibungen durchzusetzen. Dieser Erschwerung des Zugangs zu einer Juniorprofessur sollte dann bei einer Berufung eine Tenure-Track-Option mit klaren Vorgaben für die Evaluation und Übernahme in eine unbefristete Professur gegenüberstehen. Karriereentscheidungen würden vorverlegt und überschaubarer, durch die Verpflichtung auf eine Tenure-Track-Option die Proliferation der Nachwuchsstellen ohne Perspektive eingedämmt. Diese durch stärkere Selektion, zahlenmäßige Reduzierung und klarere Zukunftsperspektiven aufgewerteten Juniorprofessuren müssen durch die Universitäten besser ausgestattet werden und (nicht nur dadurch) weiter verselbständigt werden. Klasse statt Masse – nicht nur knapper Kassen wegen.

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