Statement: Hochschulpaktverhandlungen

Statement

AG 'Wissenschaftspolitik'
Berlin 07.08.19

Derzeit verhandeln Bund und Länder die Zukunft des Hochschulpakts. Angesichts der weiterhin chronischen Unterfinanzierung der Hochschulen und des aus der Balance geratenen Verhältnisses aus Grund- und Drittmittelfinanzierung ist eine Fortsetzung des Engagements des Bundes im Hochschulbereich von großer Bedeutung; eine dauerhafte und dynamische Ausgestaltung wie die des Paktes für Forschung und Innovation wäre zu begrüßen.

Das große Missverhältnis zwischen befristeten und unbefristeten Stellen hat zu der berechtigten Forderung Anlass gegeben, aus den Mitteln eines dauerhaft angelegten Hochschulpaktes vorrangig Dauerstellen zu finanzieren. Eine solche Forderung bedarf jedoch gleichzeitig einer Debatte darüber, in welchen Strukturen diese geschaffen werden sollen. Denn die Schaffung von permanenten Stellen hat nur dann Sinn, wenn diese auch in eine zukunftsfähige Personalstruktur eingebettet sind.

An den Universitäten dominiert nach wie vor die Lehrstuhlstruktur mit ihren relativ wenigen unabhängig forschenden und lehrenden Professorinnen und Professoren, in deren direkter Abhängigkeit viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern beschäftigt sind. Diese Struktur kann, gerade auch im internationalen Vergleich, die Dynamik in Forschung und Lehre behindern, ebenso wie die Entwicklung attraktiver Karrierewege mit frühzeitiger, langfristiger Perspektive für junge, motivierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Aus diesen und anderen Gründen hat die Junge Akademie 2013 und 2017 Beiträge zur Reform der Personalstruktur an deutschen Universitäten vorgelegt. Diese schlagen vor, langfristig und ggf. je nach spezifischer Fachkultur, das Lehrstuhl- in ein Departmentsystem zu überführen. Dies hieße, die Anzahl der abhängig beschäftigten Mittelbau- Stellen zu verringern und die Anzahl der Professuren deutlich zu vergrößern, um so frühzeitig Perspektiven5 für unabhängige Dauerstellen zu schaffen. Gleichzeitig würden die Betreuung von Studierenden und die Belastungen durch akademische Selbstverwaltung und Gremienarbeit auf mehr Schultern verteilt, und Institute könnten schneller neue und diversere Forschungsschwerpunkte schaffen. Eine Erhöhung der Anzahl permanenter, direkt einem Lehrstuhl untergeordneter Stellen stärkt stattdessen das bestehende System.

Die Verhandlungen des Hochschulpaktes – wie auch des Paktes für Forschung und Innovation und des Qualitätspaktes Lehre, deren Verlängerung ebenfalls ansteht – sollten neben der Diskussion um Finanz-, Studienplatz-, oder Stellennumerik auch dafür genutzt werden, solch dringend benötigte strukturelle Debatten zu führen und Reformen zu diskutieren bzw. anzustoßen. Nur so werden die Pakte zu einer nachhaltigen Weiterentwicklung des deutschen Wissenschaftssystems als Ganzes führen können.