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Other Minds
Unter den Begriffen „tacit knowledge“ („verborgenes Wissen“) und „Theory of Mind“ hat ein grundlegendes philosophisches Problem Einzug gehalten in die sogenannten kognitiven Neurowissenschaften:
Das Problem der „other minds“. Zu wissen, was unser Gegenüber denkt, fühlt, wünscht und beabsichtigt, ist in vielerlei Hinsicht von vitaler Bedeutung. Dieses Wissen um die mentalen Zustände des Anderen ist jedoch verborgen und muss indirekt erschlossen werden.
Die Thematik der „Other Minds“ führte zu einem gegenwärtigen Boom von Forschungsprojekten, die die Ära des „social brain“ eingeläutet haben. Als Folge lasten auf den recht neuen bildgebenden und neurophysiologischen Methoden nun große Hoffnungen, die ein oder andere Frage auf neue Weise untersuchen und beantworten zu können. Die Perspektiven anderer Fachbereiche werden dabei ausgeblendet, wenn die Fragen mit behavioralen, physiologischen und bildgebenden Methoden untersucht werden.
Die Mitglieder der Arbeitsgruppe tauschten sich über Konzepte, Methoden und Sichtweisen der verschiedenen Disziplinen aus. Die Diskussionen und Projekte der AG Other Minds beinhalteten dabei drei Schwerpunkte:
Across Individuals (within species and cultures)
Interpersonelle mentale Zuschreibungen sind von vielen Faktoren abhängig, die uns als Persönlichkeiten und in unserem gesellschaftlichen Kontext betreffen. Kann man diese Faktoren ausblenden? Wie schreiben Primaten, Menschenaffen, Menschen einander mentale Zustände zu? Gibt es einen abgespeckten Begriff von „Theory of Mind“, den wir verwenden können, wenn wir Arten vergleichen? Wie schreiben Kinder im Vergleich zu Erwachsenen einander mentale Zustände zu? Irren sie sich noch häufiger als Erwachsene oder kommen sie mit dem aus, was sie können? Inwiefern kann man ontogenetische und phylogenetische Entwicklungen vergleichen? Verändern sich unsere mentalistischen Fähigkeiten über die Lebensspanne hinweg? Wenn ja, was hat dies in Gemeinschaften zur Folge?
Across species
Wir sprechen mit Hunden und halten Pferde für Freunde. Das Verständnis über die Arten hinweg ist gespickt von Irrtümern, und dennoch funktioniert es. Oder doch nicht? Welche Arten und welche Vermögen von mentaler Zuschreibung treffen hier aufeinander – mit welchem Effekt? Was ist der Mindestanteil geteilter „Annahmen“?
Across cultures and communities
Wie verhält sich mentale Zuschreibung in verschiedenen Kulturen und Gemeinschaften? Sind die Grundregeln alle gleich? Welche Rolle spielt die Erziehung bei der Entwicklung dieser Fähigkeit? Zu welchen Missverständnissen führen Unterschiede, andere zu verstehen oder zu interpretieren, wenn Mitglieder unterschiedlicher Gemeinschaften aufeinandertreffen?
Workshop und Podiumsdiskussion
Die Arbeitsgruppe veranstaltete gemeinsam mit der Universität Magdeburg einen Sommer-Workshop „Other Minds“ sowie eine Podiumsdiskussion zum Thema „Philosophie und Kognitionswissenschaften. Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft?“.
Sammelband "Other Minds"
Aus dem Magdeburger Workshop entstand 2008 ein Sammelband mit Beiträgen aus Philosophie, Medizin, Psychologie, Biologie, Soziologie und Literaturwissenschaft.